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EU-Länderprüfungen: Strafen für Rechte, Milde für Linke?

EU-Länderprüfungen: Strafen für Rechte, Milde für Linke?

EU-Länderprüfungen: Strafen für Rechte, Milde für Linke?

Immer wieder werden Ungarn , aber auch Polen, wegen vermeintlicher oder tatsächlicher Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit auf die „Anklagebank“ der Europäischen Kommission gesetzt. Das übersieht freilich zwei Dinge: Ist die Kommission genauso streng bei Mitgliedstaaten mit dezidiert linken statt konservativen Regierungen? Das aktuelle Beispiel Spanien, hier hält sich ein sozialistischer Regierungschef Sanchez unter abenteuerlicher Auslegung der Gewaltenteilung krampfhaft an der Macht, lässt da erhebliche Zweifel zu. Und wie hält es eigentlich Brüssel selbst mit der Einhaltung eigener Rechtsregeln? Zur Rechtsstaatlichkeit gehört auch stets die Gleichheit vor dem Recht.

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Selbstzerstörung durch Verschuldung: Wer stoppt die EU?

Selbstzerstörerische Verschuldung: Wer stoppt die EU?

Vermutlich ergeht es Ihnen wie mir. Sie begrüßen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und finden es richtig, dass die Bundesregierung endlich aus ihrem schädlichen, selbst geschaffenen Wolkenkuckucksheim geholt wurde und nun – wenn auch erst durch höchstrichterlichen Zwang – tatsächlich verantwortungsbewusstes Haushalten lernen muss. Die Folgen sind gravierend und zu Teilen hochproblematisch. Aber dieser Zwang zur Umkehr birgt eben auch Chancen. Soweit ganz knapp die aktuelle nationale Haushaltsperspektive. Mein Thema ist natürlich aber immer auch die EU. Denn auch die hat natürlich einen Haushalt. Und auch die EU neigt ausgeprägt zu wenig verantwortungsvollem und rechtlich äußerst fragwürdigem Umgang mit ihren Finanzen. Und hier wie dort beruft man sich angesichts der mehr aktiv geschaffenen als passiv entstandenen Haushaltsnöte auf das Schlüsselwort der „Zeitenwende“. Und wer wollte bestreiten, dass wir uns derzeit tatsächlich national, europäisch und auch global in diversen Umwälzungen befinden, für die das große Wort einer historischen Zeitenwende nicht als zu hoch gegriffen erscheint.

UTOPIEN ZERSCHELLEN AN DER REALITÄT

Ja, es stimmt. Wir leben durchaus in einer Zeitenwende. Die vollzieht sich aber nicht, weil da irgendwelche hochunwahrscheinlichen Ereignisse eingetreten sind, mit denen man niemals hätte rechnen können. Sondern, einmal salopp formuliert:  Tatsächlich tritt uns die Realität in den letzten Jahren gleich x-fach in den Allerwertesten und konfrontiert uns mit langjähriger Naivität und Realitätsverdrängung der nationalen Regierungen wie der Entscheidungsgremien der Europäischen Union. Die desaströse Unfähigkeit der deutschen Ampelregierung macht das nur derzeit besonders deutlich, auch wenn die Ursachen der Probleme weiter zurückliegen als der Beginn dieser Regierung und keineswegs nur Deutschland allein betreffen (ein Blick nach Frankreich oder Spanien reicht völlig aus, um sich das bewusst zu machen). Nicht wehrfähig, falsche Signale nach innen wie nach außen in Serie, eines entwickelten Industrielandes unwürdige und kaputte Infrastruktur, kein tragfähiges Renten- und Sozialsystem, versagende Bildungspolitik, völlig an den realen Problemen vorbeigehende Schwerpunktsetzungen. Leben aus der schwindenden Substanz. Wir werden auf sehr vielen Ebenen die Weichen entschlossen, konsequent und gegen massive Widerstände umstellen müssen, wenn wir den Niedergang Deutschlands und Europas noch aufhalten wollen.

DEUTSCHLAND ZUR KORREKTRUR GEZWUNGEN

 Ich betone das nochmals, weil es so wichtig ist: Mit der Notwendigkeit einer konsequenten Umsteuerung meine ich nicht nur Deutschland, sondern mindestens genauso die Europäische Union. Der erteilt nämlich die Realität ebenfalls seit Jahren eine Lektion nach der anderen. Alle genannten Krisen betreffen ebenfalls die EU im Ganzen. Das glauben Sie nicht? Das Verfassungsgerichtsurteil betrifft doch nur Deutschland? Natürlich, dieses Urteil schon. Aber die Kernbotschaft „Kommt mit dem Geld aus, was Ihr habt, Schulden müssen eine Ausnahme für wirklich unvorhersehbare Einschläge sein“ müsste theoretisch sogar noch viel strenger für die Haushaltspolitik der EU gelten. Und wenn man die Urteilsbegründung liest, wird auch klar, dass es hier keineswegs nur um irgendwelche deutschen Amtsschimmel-Peanuts geht. Vielmehr liegt der Kern des Urteils darin, die Gefährlichkeit, die Zerstörungskraft einer Aufweichung der Prinzipien nachhaltiger Haushaltsführung für so bedeutend zu erklären, dass dem ganz grundlegend und konstitutionell ein Riegel vorgeschoben werden muss, den Mitgliedstaaten der EU ebenso wie den Organen der EU selbst.

EU SEGELT WEITER RICHTUNG SCHULDENUNION 

Hören Sie denn nun Politiker der Fraktionen des Europäischen Parlaments oder der Europäischen Kommission laut nachdenken? Hören Sie irgendwelche kritischen Töne, die nun, wenigstens spät angeregt vom Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts, auch die Praxis der EU hinterfragen? Im Gegenteil! Das Heil wird eher in noch mehr Vergemeinschaftung von Finanzpolitik und noch mehr überbordender und übergriffiger Steuerung, auch in dem festen Willen zu weiterer Belastung der Zukunft durch öffentliche Verschuldung gelegt, die sich immer mehr von den eigentlichen Grundsätzen der EU entfernt.   Dabei ist wenig bekannt: Während Deutschland national in bestimmtem Rahmen – dem der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse – Kredite aufnehmen darf, sehen die EU-Regeln grundsätzlich eine ausnahmslose faktische Beitragsfinanzierung durch souveräne Mitgliedsstaaten ohne jede Verschuldungsermächtigung vor. Die EU hat eigentlich gar keine eigene Verschuldungskompetenz. So ist es in den Verträgen geregelt.

Aber leider gilt: Vertragliche Regelungen werden heute gerne ganz locker unter Verweis auf diese oder jene Notlage, die die Einhaltung der Regeln leider verunmögliche, unterlaufen. Politische Aushandlungsprozesse und Interessenkungeleien zwischen Parteien und Mitgliedsstaaten bestimmen die Finanzpolitik der EU mehr denn je, die Einhaltung aus gutem Grund geschriebener und rechtlich gesetzter Grenzen stört da nur. Wenn aber alle sich permanent gegenseitig Gefallen tun, um sich irgendwie einig zu werden, und dabei gemeinsam auf bestehende Regeln pfeifen, folgt das im Grunde exakt dem Prinzip, das krank und angreifbar macht und das so auch in Deutschland bisher regierte: `Schütten wir Gräben zu mit Geld!´

EU-KURS JENSEITS DER EU-PRINZIPIEN 

Die Ampel ist nun aufgeflogen und flattert wild herum. Die einen, allen voran der wie immer wirtschaftlich irrlichternde Wirtschaftsminister Habeck, versteigen sich zu einem unverschämten „Schönen Dank, Friedrich Merz!“, weil der es doch tatsächlich wagte, den Betrug am Steuerzahler aufzudecken und mit seiner Partei gegen eine verfassungswidrige Haushaltspraxis zu klagen. Die anderen geben sich bemüht cool und hoffen, die Krise für das Durchsetzen ihrer eigenen Akzente nutzen zu können (obwohl sie selbst an der rechtswidrigen Haushaltserstellung direkt beteiligt waren). Und der wie so oft abwesend wirkende Kanzler macht, was er meist macht: Abwarten, sich wortkarg gelassen geben und grinsend schweigen.

Nun, so deprimierend es ist, dieses Trauerspiel zu beobachten, es kann durchaus noch schlimmer kommen. Denn während dem Treiben hierzulande nun glücklicherweise ein an Deutlichkeit nicht zu überbietendes Stoppsignal gesetzt wurde, macht die EU nicht die geringsten Anstalten, den Kurs Richtung Schuldenunion zu korrigieren. Gäbe es eine wirklich unabhängige Prüfstelle, sie müsste der EU-Kommission ebenso den sandigen Boden unter den Füßen wegziehen, wie das nun das Bundesverfassungsgericht mit dem nationalen Haushalt getan hat. Sie müsste die Kommission dazu zwingen, sich wieder auf die Grundsätze nachhaltiger, den Haushaltsgrundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie materieller Ausgeglichenheit zu folgen und der Verschuldung zu Lasten kommender Generationen einen Riegel vorzuschieben.

STOPPSIGNAL DRINGEND NÖTIG

Leider gehöre ich im EU-Kontext zu den nur sehr wenigen Mahnern, die immer wieder deutlich auf diese Verstöße hinweisen, wie zum Beispiel in aller Kürze hier: https://www.facebook.com/watch/?v=2539977712810081

Eine kleine Hoffnung allerdings gibt es vielleicht doch. Sie merken es alle, die Bürger wachen eher aus ideologiegetrieben und planwirtschaftlichen Träumereien auf als die Politiker, die sich darin so bequem eingerichtet haben.  So steht es Ihnen frei, künftig für eine Zusammensetzung des neuen Europäischen Parlaments sorgen, die deutlich mehr klare und mutige Stimmen gegen den verantwortungslosen Weg in eine Schulden-EU zu Entscheidungsträgern macht, damit auch hier endlich vernunftgeleitete Realisten Mehrheiten erringen. Es ist bitter nötig.

 

 

 

 

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Können wir den Absturz Deutschlands bremsen oder sogar noch stoppen? Können wir die schädlichen Übergriffigkeiten der EU eindämmen und die EU auf das wirklich Nützliche beschränken? Diese Fragen stellen sich aktuell massiver denn je – und das ausgerechnet unter einer Ampelregierung. Das ist nicht zuletzt deshalb besorgniserregend, weil genau diese Ampel die spezielle Notlage Deutschlands innerhalb der EU kräftig mitverursacht hat.

HÖCHSTRICHTERLICHE UNFÄHIGKEITSBESCHEINUNG FÜR DIE AMPEL

Dieselben Politiker sind nun aber gefordert, das Beste für unser Land herauszuholen. Auf EU-Ebene und auch in Deutschland selbst. Zuversicht fällt da mehr als schwer. Sie geben uns wahrlich keinen Anlass dafür. Erst recht, nachdem das Bundesverfassungsgericht der Ampel am Mittwoch dieser Woche quasi eine höchstrichterliche Unfähigkeitsbescheinigung in der Kernkompetenz Haushaltsaufstellung ausgestellt hat. Welch ein Schlag ins Kontor.

An den Konsequenzen aus diesem Urteil führt nun kein Weg vorbei. Entweder muss die Regierung jetzt Wähler verprellen, indem sie bereits ins Schaufenster gestellte Leistungen in Höhe von 60 Mrd. Euro massiv kürzt bzw. wieder streicht, oder indem sie die ohnehin viel zu hohen Steuern nochmals massiv erhöht, um ihre bisherigen Pläne umsetzen zu können. Doch man kann es durchaus auch ins Positive wenden: Vielleicht wird diese so oft traumtänzerisch agierende Regierung derart gezwungen, endlich realistische Prioritäten zu setzen und unser aller Steuergeld für Sinnvolles statt für Unfug auszugeben.

Betroffen ist besonders das Ressort von Robert Habeck. 60 Milliarden Euro für den Klimafonds, ertrickst durch den nunmehr als verfassungswidrig entlarvten Rückgriff auf das Corona-Milliarden-Konto, stehen nun nicht mehr zur Verfügung. Habeck am Boden.

LINDNER DOPPELGLEISIG UNTERWEGS

Und Finanzminister Lindner? Lindner, der spielt gerade eine sehr wichtige Rolle bei einem Thema, auf das ich nun Ihre Aufmerksamkeit lenken will und das inhaltlich direkte Bezüge zum Vorbeschriebenen hat.  Es ist fast schon amüsant, Christian Lindners Wirken in beiden Kontexten zu betrachten. Das möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

Christian Lindner ist nämlich gerade der Anführer der Spar-Hardliner auf EU-Ebene, während er in Deutschland als Finanzminister der zentral Verantwortliche dafür ist, die Schuldenbremse durch einen verfassungswidrigen Schattenhaushalt umgehen zu wollen, was das Bundesverfassungsgericht nun gestoppt hat.  Um seine Glaubwürdigkeit scheint er sich ob dessen aber nicht weiter zu sorgen. Das muss man erst einmal hinkriegen. 

VERHANDLUNG DER EU-SCHULDENREGELN

Worum geht´s? In der EU wird seit Monaten über eine Reform der europäischen Schuldenregeln verhandelt. Der sogenannte Stabilitäts- und Wachstumspakt ist ein enorm wichtiges Thema, das mich – ich bin neben meiner politischen Arbeit ursprünglich Finanzwissenschaftler und habe mich mein ganzes Berufsleben lang mit öffentlichen Finanzen, speziell mit öffentlicher Verschuldung befasst – besonders umtreibt. Die Mitgliedstaaten der EU sollen sich, um es vereinfacht auszudrücken, nicht beliebig verschulden dürfen, wie sie wollen, bzw. sie sollen bei bereits eingetretener zu hoher Verschuldung gezwungen sein, sie in einem klar regelgebundenen Verfahren wieder zu reduzieren. Es gibt bereits Regeln, die wurden aber wegen der Corona-Krise und der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine bis 2024 vorübergehend ausgesetzt. Eigentlich war der Plan, pünktlich zum Jahresbeginn 2024 neue Regeln in Kraft zu setzen. Dass dies angesichts der höchst unterschiedlichen Positionen auch der führenden Mitgliedstaaten Deutschland und Frankreich bis dahin gelingt, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.  

EU-KOMMISSION WILL MAASTRICHT DE FACTO ABSCHAFFEN

Übrigens, falls Sie sich wundern, wieso da überhaupt verhandelt wird, schließlich gibt es doch die Maastricht-Kriterien, die dafür sorgen sollen, dass Schulden nicht ausufern: Damit liegen Sie eigentlich völlig richtig. Eigentlich! Die Maastricht-Kriterien, die unter anderem Grenzen für die maximale Höhe der Staatsverschuldung und die maximale neue Kreditaufnahme setzen, sind eigentlich eine ganz wichtige Grundlage der Finanzen der EU. Die EU-Kommission, die einen Vorschlag für neue Schuldenregeln entworfen hat, interessiert das aber nicht weiter. Dort hat man sich von dieser Normsetzung längst verabschiedet und betrachtet sie als überkommen. Der deutsche Bundesrechnungshof nannte den Kommissionsvorschlag deshalb auch einen „de facto“-Abschied von den Maastricht-Kriterien.

IST LINDNER „VERRÜCKT GEWORDEN“?

Christian Lindner will nun unbedingt in Verhandlungen unter den europäischen Finanzministern strenge Regeln zur Schuldenbegrenzung und -rückzahlung durchsetzen. So streng, dass aus dem Kreis Macron-verbundener Abgeordneter des Europäischen Parlaments jemand gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Euractiv“ gesagt haben soll, Christian Lindner sei wohl „verrückt geworden“. Nun, Finanzminister in einer Regierung gemeinsam mit der SPD und den Grünen zu sein, mag die psychische Gesundheit tatsächlich arg herausfordern, aber grundsätzlich liegt Lindner hier vollkommen richtig und ist zumindest in Sachen europäischer Finanzen keineswegs verrückt, sondern vertritt – übrigens anders als die hoch verschuldungsfreudigen Franzosen – eine sehr vernünftige, weil für die öffentlichen Finanzen nachhaltige Position. Er drängt, wie auch der Rechnungshof, auf konkrete und verbindliche Vorgaben, die den Abbau zu hoher Schulden garantieren.

Nach außen geben sich die EU-Finanzminister optimistisch, aber tatsächlich sind die Gräben tief. Von den Spaniern, die gerade den Vorsitz innehaben, war hoch pathetisch zu hören: „Wie die Pilger auf dem Jakobsweg beginnen wir, die Kathedrale am Ende des Weges zu sehen“. Die Finanzministerin Nadia Calviño, die das sagte, möge es mir nicht übelnehmen, aber vielleicht ist die Kathedrale, die sie da sieht, doch eher ein Turmbau zu Babel.

DEUTSCHLAND MACHT DRUCK

Der größte Dissens besteht zwischen Frankreich und Deutschland. Frankreich will die angeblich drastischen deutschen Ideen unbedingt aufweichen, was etliche weitere, vorwiegend südeuropäische Mitgliedstaaten ebenso sehen. Frankreich befürchtet, dass starre Schuldenregeln am Ende konkret zum Sparen zwingen könnten, und das will man eben nicht. Ja, lachen Sie ruhig. Aber genau das ist die Sorge der zahlreichen Freunde üppiger weiterer Verschuldung.

Dabei sind sich natürlich offiziell alle einig, dass man nicht zu viele öffentliche Schulden machen darf (natürlich möglichst ohne jede quantitative Konkretisierung, wie viel denn zu viel ist) und vorhandene Schulden abbauen muss (natürlich möglichst ohne jede zeitliche Vorgabe, also de facto nie). Solange die neuen Regeln nur schön viel Spielraum lassen, das alles nach eigenem Gutdünken zu unterlaufen, nicken auch die Schuldenfans das gerne ab. Aber wehe, die Regeln sollen so konkret ausformuliert werden, dass man um wirkliche fiskalische Disziplin nicht herumkommt. Dann gibt es Stress. Und genau darauf, auf konkrete schwer bis möglichst gar nicht unterlaufbare Regeln drängt Lindner nun.  Und hat damit ungeachtet auch seines derzeitigen nationalen Desasters zu 100% recht.

AUSWIRKUNGEN AUF KLIMASCHUTZ-INVESTITIONEN

Interessant ist nun nicht zuletzt – und hier treffen sich dann die Finanzdiskussionen in der EU mit den nun anstehenden Diskussionen, die die Ampel aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts gezwungen ist zu führen – wie sich der Entzug finanzieller „Rangiermöglichkeiten“ auf die Umsetzung politischer Projekte auswirken kann. 

Auf EU-Ebene zeichnet sich bereits ab, dass Investitionen für Verteidigungsausgaben als so wichtig eingestuft werden, dass strengere ausgehandelte Schuldenregeln hierfür Ausnahmen erlauben werden. Schon das ist falsch. Ausgaben für Landesverteidigung sind fraglos eine klassische öffentliche Aufgabe, die selbstverständlich innerhalb des Haushalts und mit regulären Einnahmen, sprich Steuern, zu finanzieren sind. Wenn man in dieser Zeit, aller pazifistischen Illusionen angesichts das Weltgeschehens gründlich entledigt, aus sehr nachvollziehbaren Gründen endlich wieder beginnt, Ausgaben für die Landesverteidigung als eine ganz wichtige öffentliche Aufgabe (und also auch die Ausgaben im Einzelplan Verteidigung) mit Priorität zu begreifen, dann muss man eben an anderer Stelle bei weniger wichtigen Ausgaben (oh ja, die gibt es, das wäre eine längere Aufzählung) zu entsprechenden Ausgabereduktionen bereit sein.

KEINE EXTRAWURST MEHR FÜR KLIMASCHUTZ

Was sich aber auch abzeichnet: Für Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen sind solche Ausnahmen weniger wahrscheinlich. Die müssen innerhalb des dann verabschiedeten Rahmens bewältigt werden. Umweltverbände warnen, das sei absurd, da Investitionen in Klimaschutz sich immer lohnten und die Gegenrechnung dies immer belegen werde. Stichwort: vermiedene Katastrophen, die viel teurer wären. Sie vergessen allerdings nicht nur, wie begrenzt die europäischen Einflussmöglichkeiten auf das Weltklima sind. Sondern sie übersehen dabei auch fahrlässig, dass die in der Tat höchst wichtige Nachhaltigkeit nicht nur ein ökologisches Ziel ist, sondern auch ein fiskalisches. Wir wollen unseren Kindern und Kindeskindern doch wohl hoffentlich nicht nur eine möglichst intakte Umwelt hinterlassen, sondern auch solide finanzielle Verhältnisse statt eines von ihnen gar nicht mehr zu bewältigenden Schuldenberges.

REGIERUNGEN MÜSSEN HAUSHALTEN LERNEN

Was sich derzeit auf der EU-Ebene abspielt, wird zusammen mit dem BVerfG-Urteil auch Auswirkungen auf die bundesdeutsche Politik haben. Einfach ausgedrückt: Die Ampel muss nun mit dem Geld auskommen, das zur Verfügung steht. Das ist für etliche Ressortminister, allen voran für den Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, eine so schmerzliche wie dringend notwendige neue Erfahrung. Das Regieren nach dem Motto „erst Zumutungen beschließen, dann mit Steuergeld die selbst erst geschaffenen Schmerzen mildern“, wird künftig deutlich schwerer. Und das ist gut so. Die Ampel muss nun, sollte sie trotz ihres desaströsen Zustands bis zur regulären nächsten Bundestagswahl weiter regieren wollen, endgültig das Träumen abstellen und überlegen müssen, was wichtig und mit Bordmitteln erreichbar ist. Dass Christian Lindner als Finanzminister je besonders überzeugt von Milliardeninvestitionen in lokalen Klimaschutz war, glaube ich nicht eine Sekunde. Hoffen wir, dass er, ermuntert von der Gesamtentwicklung, sich künftig nicht wieder auf krude Finanzumwege einlässt, schon gar nicht zugunsten irgendwelcher teuren, aber ineffektiven oder schädlichen Maßnahmen.

Die Aufgaben eines Bundesfinanzministers sind klar umrissen. Tricksen und Umschichtung in sogenannte „Sondervermögen“ zur budgetären Auslagerung und Umgehung der Schuldenregeln gehören nicht in diesen Aufgabenbestand. Das wurde glücklicherweise diese Woche von der judikativen Ebene verbindlich festgestellt.

 

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Insbesondere die Aufnahme der Ukraine wird gerade intensiv von der EU-Kommission unter ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen vorangetrieben. So nachvollziehbar die Motive dafür angesichts der derzeitigen Lage des Landes sein mögen, drohen mit einem beschleunigten Verfahren aber die Kopenhagener Kriterien – das sind EU-Prinzipien mit Verfassungsrang zur Regelung der Voraussetzungen eines Beitritts – aus rein politischen Gründen mit Füßen getreten zu werden. Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt drohen deshalb als Todestag dieser Tag in die Geschichte einzugehen. Das darf keinesfalls geschehen!

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