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Migrationswende? Absichtserklärungen sind keine Lösung

Verrückte Zeiten. Im wahrsten Sinne des Wortes. Im Moment, so scheint es, verrücken insbesondere die schlimmen Ereignisse außerhalb Deutschlands, die aber auch unser eigenes Land massiv betreffen und herausfordern, sicher geglaubte Gewissheiten, Zuordnungen, Kooperationen in der politischen Landschaft.  Angefangen mit dem Ukraine-Krieg, über den aus dem Pazifisten-Toni plötzlich der Kriegswaffen-Toni wurde, weiter über die desaströse Hopplahopp-Energiewende, bei der die Grünen entschieden, dass es angesagt sei, die CO2-Emissionen wieder hochzufahren, bis hin zu den entsetzlichen Ereignissen in Israel, die wiederum erstaunliche neue Töne aus ungewohnten Ecken hervorbringen. Ein Kanzler Scholz, der plötzlich, für seine Verhältnisse spontan, vor allem aber sehr klar Deutschlands Solidarität mit Israel erklärt und auch militärische Hilfe, sofern wir die leisten können, verspricht.

DIE REGIERUNG – EINE FORTSETZUNG VON NIEDERGANG

Als regelmäßige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen Sie genau, wie kritisch ich die Regierungspolitik, seit dieses Not-Trio am Ruder ist und auch schon lange lange vorher, beurteile. Lenkungsträumereien, Realitätsblindheit und ein unerträgliches Herumtrampeln auf allem, was wir in Deutschland über Jahrzehnte aufgebaut haben.  Hemmungslos setzt die Regierung das Leben aus der Substanz nicht nur fort, sondern steigert es sogar noch durch die Zumutung immer weiterer Lasten für unsere auf dem Zahnfleisch kriechende Wirtschaft und auch für die Bürger, ganz besonders für die Leistungserbringer unter ihnen.

Trotz der leider vor allem aufgrund der falschen politischen Akteure mehr als berechtigten pessimistischen Einschätzung der Zukunft ist es wichtig, sich ein Stück Offenheit für mögliche Lichtblicke zu bewahren. Wer sich ganz im „alles aussichtslos“ verliert und durch seine tiefdunkle Brille nur noch schwarzsieht, kann die Lage ebenso wenig realistisch einschätzen wie der, der nach jedem verbalen Strohhalm greift, dem dann keine Taten folgen. Im Folgenden biete ich Ihnen einen vorsichtigen Sortierversuch an.

PARTEIEN UNTER DEM DRUCK DER BÜRGERWUT

Was sehen wir aktuell? Man müsste tatsächlich blind sein, um nicht zuzugestehen, dass meine ehemalige Partei trotz ihrer Entwicklung, die ich sehr bedauere, aktuell als Sammelorganisation der Wütenden ausnahmslos allen Parteien Kopfzerbrechen macht. Und zwar selbstverständlich auch ganz konkret, weil sie sämtlichen Parteien Wähler abzieht. Dass in naher Zukunft ganz offensichtlich eine zweite Partei, die sogar bereits gleich bei Gründung als Magnet für Wütende daherkommt, laut Prognosen wiederum beträchtliche Teile dieser neuen Wutwähler zu sich ziehen könnte und auch zusätzlich noch weitere Wähler wiederum von den übrigen Parteien abziehen könnte, belegt, dass das Sammelbecken für die Wutwähler austauschbar ist.  Aber vor allem vergrößert es das Kopfzerbrechen jener Parteien, denen die Wähler wütend weglaufen. Denn auch wenn sich mancher in seiner Verzweiflung damit tröstet, dass die neue Wutpartei immerhin die alte Wutpartei eindämmen könnte, weg sind die Wähler dennoch.

NUTZLOSE AUSGRENZUNGSPROPAGANDA

DAS ist sozusagen die Großwetterlage. Und eines ist inzwischen sicher: Wer jetzt noch glaubt, dass die Ausgrenzung der neuen Hoffnungsträger der Enttäuschten und Wütenden eine geeignete Bekämpfungsmethode ist, ist nicht mehr ganz bei Trost. Seien Sie gewiss: Der Impuls mag noch verinnerlicht sein und es zuckt hier und da entsprechend, aber die Strategen der Parteien haben spätestens seit den Wahlen in Bayern und Hessen begriffen, dass den Wutwählern eine braune oder neuerdings auch eine tiefrote Keule inzwischen vollkommen egal ist.

Was sie selbstverständlich auch endgültig begriffen haben – die Demoskopie ist hier ganz eindeutig: Die Lösung der Migrationsproblematik ist das zentrale Thema für den Wahlerfolg, denn selbst viele der 2015 noch offenen Menschen haben inzwischen die Nase gestrichen voll von der unkontrollierten Massenmigration und ihren Folgen. Mindestens vom unübersehbaren Kontrollverlust, meist auch insgesamt.   Der Trend ist ganz eindeutig. Außerdem schauen sich die Menschen um und beobachten, dass Eindämmung durchaus möglich ist, wenn man nur will und zwar auch für ein EU-Mitgliedsland. Andere EU-Staaten machen es vor, und das wird gesehen. Das weckt berechtigte Erwartungen.

VERZWEIFELTE VERSPRECHUNGEN

Was passiert also? Es regnet Versprechungen und Ankündigungen.  Ob rot, ob grün, man traut seinen Ohren kaum noch. Plötzlich soll angeblich entschlossen gehandelt werden? Was ist mit Scholz los? Hardcore-Abschiebegelüste aus des roten Kanzlers Mund? Und wow, sogar der umtriebige Migrationsforscher Gerald Knaus will plötzlich dringend nach Auswegen suchen? Vergessen Sie´s. Noch etwas deutlicher positioniert sich die CDU. Doch oh je, was wird Frau Merkel dazu sagen? So wie die CDU jetzt redet, müsste sie eigentlich austreten. Das sei Populisten-Appeasement, lautet der Vorwurf an Merz, Spahn, Frei und Co., insbesondere aus Richtung Rot-Grün.  Wie wohlfeil, wo sie doch selbst, nur weniger klar, dasselbe versuchen. Ja, die CDU will die Wütenden, die Enttäuschten zurückholen. Und genau das wollen alle. Die Frage ist allerdings: Wer meint es ehrlich? Wer kündigt nur an? Bei der Beantwortung dieser Fragen sollte man sich weder von Wunschdenken noch von falschen Hoffnungen leiten lassen.

KURSÄNDERUNG DENKBAR?

Demokratien und auch Parteien sind wie schwere Dampfer. Kleinere Stürme ändern den Kurs kaum oder gar nicht. Wenn die Wähler hier und da unzufrieden sind, bewirkt das selten grundlegende Änderungen. Wenn allerdings schwere Stürme das politische Meer aufwerfen und die Parteischiffe in Not geraten oder sogar zu kentern drohen, kann sich die Lage ändern. Parteien können so lange an der Bevölkerung vorbeiregieren, wie die Unzufriedenheit sich noch in einem bestimmten Rahmen bewegt. Danach müssen sie umsteuern oder sie gehen baden.

Natürlich hat nicht jede Partei denselben Bewegungsspielraum für eine Kursänderung, denn die ist nur von Erfolg gekrönt, wenn sie mehr Wähler zurückholt als sie an noch gebliebenen vertreibt. Die Chancen der SPD und der Grünen, in der Flüchtlingsfrage tatsächlich Richtung Realität zu segeln, sind daher besonders klein. Bei der CDU ist es aussichtsreicher, theoretisch. Sie ist es, die durch den Realitätsverlust bei diesem wahlentscheidenden Thema Wähler verloren hat und in die Opposition verbannt wurde. Theoretisch ist der Weg zurück denkbar. Falls die Wähler die neuen Töne glauben. Falls die Gegenstimmen in der Partei nicht stärker sind. Unmöglich ist es nicht. Zu einem `wahrscheinlich´ reicht es noch lange nicht.

ALLEIN DAS LANDESWOHL ZÄHLT

Eines allerdings wäre ganz falsch:  Zu bedauern, wenn eventuell die „Falschen“ nun das Richtige täten. Es geht um unser Land. Und das Einzige, das zählt, ist eine Änderung der über inzwischen Jahrzehnte falschen Politik. Jedes Mimimi, jedes „Aber wir haben das doch schon lange gesagt“ wäre verständlich, ist aber letztlich fehl am Platz. Uns läuft die Zeit weg. Und auch ich selbst wundere mich ja nicht wenig, wie nun auf einmal Forderungen und Ziele aus der CDU und sogar der SPD – nunmehr als ihre Ziele verkauft – laut werden, die ich selbst schon 2016 und danach immer wieder vertreten habe, und dafür von diesen Parteien regelmäßig als ganz böser Rechter diffamiert wurde. Und dennoch: Sollte der Realitätsschock nun endlich eine echte Kursänderung bewirken, so freut mich das. Denn die ist nötiger denn je, und allein darum geht es. Es ist ein Szenario denkbar, in dem die gesammelte Bürgerwut, die inzwischen weit über ihre Lautsprecher hinaus aus der Bevölkerung spricht, am Ende Änderungen bewirkt. Schlecht für die Wutsammler-Mandate, in gewisser Weise auch ungerecht, aber das Wichtigste ist letztlich, dass unser Land gewinnt. Wir müssen nur akribisch darauf achten, dass aus den neuen Lippenbekenntnissen einer wirklichen Umkehr nun auch endlich umgesetzte Politik wird. Daran habe ich leider nach wie vor erhebliche Zweifel.

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