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Regierungspolitik: Völlig losgelöst von Wirklichkeit und Bürgern

In meinen Samstags-Kolumnen und Mittwochs-Videos habe ich es in den vergangenen Wochen an etlichen konkreten Beispielen des Regierungsversagens – in Brüssel seitens der Kommission wie in Berlin seitens der Ampel-Koalition – wieder und wieder thematisiert: Wenn wir jetzt nicht sehr bald den eingeschlagenen Kurs korrigieren, dann reiten wir unser Land und mit ihm als größter Mitgliedstaat auch die Europäische Union immer tiefer in einen Sumpf, aus dem nur sehr schwer und ganz gewiss nicht in kurzer oder mittlerer Frist herauszukommen sein wird. Die wichtigsten Gründe: Falsche Prioritäten. Unehrliche Prioritäten. Volks- und wirtschaftsferne Prioritäten.

Symptomatisch für die Situation sind politische Themen und Debatten, in denen sich immer weniger Bürger in ihren Standpunkten und den ihnen vordringlichen Problemen vertreten fühlen. Entweder weil eigene Sichtweisen und Dringlichkeiten erst gar nicht darin vorkommen. Oder weil eigene Dringlichkeiten zwar irgendwie vorkommen, aber mit leeren Palaver-Versprechungen, mit typischen Politiker-Phrasen bedacht werden, derer man längst überdrüssig ist, die erkennbar vor allem der eigenen politischen Selbstdarstellung dienen und die vor allem keinerlei Verbindlichkeit bieten. Weil Debatten oft wie aus einer anderen Welt, nämlich der ganz eigenen Welt der politischen Parteien – einer Art Paralleluniversum – und ihrer Kämpfe untereinander, klingen. Und auch, weil inzwischen viel zu oft ein moralisierender, dauerbelehrender Unterton die Richtung vorgibt. Für die Glaubwürdigkeit von Politik in der parlamentarischen Demokratie ist das hochgradig schädlich und gefährlich. Es führt dazu, dass sich Menschen in Scharen frustriert und buchstäblich enttäuscht abwenden, an Wahlen entweder nicht mehr teilnehmen oder ihr Kreuzchen am Wahltag aus Frust bei sich billig anbiedernden Protestparteien ohne jegliche eigene Problemlösungskompetenzen machen, egal, einfach nur um damit ein Zeichen zu setzen, gegen das etablierte und übliche Polit-Theater zu sein. Beides mag vordergründig sogar verständlich sein. Hilfreich ist es nicht. Ganz im Gegenteil.

VERNACHLÄSSIGUNG EXISTENZIELLER THEMEN

Der Kern liegt in einer Politik, die die Prioritäten der Bevölkerung nicht mehr sieht, geschweige denn umsetzt. Die Themen, die den Bürgern wirklich unter den Nägeln brennen, werden allenfalls zur kurzfristigen Wählermobilisierung missbraucht. Nun sind Regierungen nicht dafür da, jede sich mal eben ergebende Mehrheitsstimmung quasi sofort als Servicekraft umzusetzen. Vielmehr müssen sie sich auch den Blick auf das langfristige Wohl unseres Landes, das letztlich die Lebensgrundlagen für die Bürger bietet, bewahren. Aber im Rahmen dessen haben Regierungen Politik dennoch stets so zu gestalten, dass sie sich nicht aus den für die Bevölkerung und die Wirtschaft wichtigsten Prioritäten herauswinden, die zu beachten sie vor den Wahlen doch hoch und heilig versprochen haben.

GEBRÄU AUS MISSTRAUEN UND ENTFREMDUNG

Bildung, Gesundheit, Pflege, Rente, Digitalisierung, innere und äußere Sicherheit, Steuerung von Migration, welchen wichtigen Politikbereich man auch aufruft – Hand aufs Herz, was davon ist eigentlich inzwischen nicht zum Schämen schlecht? Und wie kann man angesichts all dieser einer vernünftigen Lösung harrenden Probleme überhaupt noch die Unverfrorenheit besitzen, das ganze politische Minderheiten-Ideologiespielzeug wie vermeintlich gendergerechte Sprachdiktate, LGBTQ+++-Sperenzchen oder ähnliche „Kernthemen“ überhaupt auf den Tisch zu legen? Sind das die großen Probleme und Themen unserer Zeit, die für Millionen Menschen einer ganz dringlichen Lösung harren? Oder könnte es nicht vielleicht zutreffen, dass die allermeisten Menschen ganz wo anders der Schuh gewaltig drückt? Und dann wundert man sich über Politikverdrossenheit? Vieles ist, wenn es nicht so traurig wäre, zunehmend nur noch lächerlich.

Ein ungesundes Gebräu von Entfremdung und Missbrauch hat sich da mit der Zeit ergeben, das weit über das schon immer übliche „die da oben machen ja doch, was sie wollen“ hinausgeht. Denn lange bildeten die großen Volksparteien immerhin für ihre eigene Klientel ab, was diese Klientel bewegte. Heute haben Menschen mehr und mehr das Gefühl, dass die Parteien, die sich in Bund und Ländern in Regierungsverantwortung befinden, sich doch zumindest in einem recht einig sind: dass sie miteinander mehr gemeinsam haben als mit ihren Wählern.

WAHL AUS VERZWEIFLUNG STATT AUS ÜBERZEUGUNG

Die Verzweiflung darüber wird dann sogar so groß, dass immer mehr Menschen sich vorstellen können, eine Partei zu wählen, über die sie im Grunde nicht viel wissen und die sie doch eigentlich auch aus sehr guten Gründen eher kritisch sehen. Eine Partei, deren immer mitschwingende simple Botschaft ein verschwörerisches „Die anderen Parteien wollen Euch alle kaputtmachen“ ist.  Wenn so viele Bürger, wie es die Umfragen gerade zeigen, aus reinem Protest sogar eine Partei zu wählen bereit sind, die ihnen weder wirklich nahesteht noch deren Repräsentanten ihnen auch nur ansatzweise sympathisch sind, dann ist das ein wirkliches Alarmzeichen und ein Armutszeugnis für die übrigen Parteien. 

Es fehlt, und zwar durchgängig ALLEN derzeit eine politische Rolle spielenden Parteien, an Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit und an Authentizität der maßgeblichen Akteure. Vertrauenerweckend ist das alles nicht. Die verbreitete Politikverdrossenheit ist deshalb leider vollkommen nachvollziehbar. Die darin liegenden Gefahren für die Demokratie sind evident. Glaubwürdigkeit können am Ende nur diejenigen erlangen, die ihre Aussagen nicht jeweils vor allem danach ausrichten, was die Leute gerade gern hören wollen, sondern danach, was Deutschland und Europa nützt, und die das auch kompetent zu begründen in der Lage sind und Menschen damit zu überzeugen vermögen. Das anzustreben und sich dabei nicht zu verbiegen, muss der Anspruch eines anständigen Politikers sein, der sich als von den Bürgern gewählter Sachwalter ihrer Interessen zu verstehen hat. Ich sehe diese so wichtige, dienende Grundhaltung leider in dem politischen Biotop, in dem ich mich seit einigen Jahren vorwiegend bewege, im Europäischen Parlament, nur bei ausgesprochen wenigen Abgeordnetenkollegen (aber es gibt sie durchaus, wenn auch bedauerlicherweise als ganz deutliche Minderheit).

BERLIN FÜHRT BRÜSSELS BESCHLÜSSE ÜBEREIFRIG AUS

Lassen Sie mich den heutigen Beitrag trotz aller nur zu berechtigter Sorgen mit einer Hoffnung beenden. Ich nehme in jüngster Zeit auch einige Töne wahr, die eine gewisse Einsicht erkennen lassen, dass es so nicht weitergehen kann, exemplarisch übrigens in der Frage der künftigen Migrationspolitik. Es scheint sich immerhin eine gewisse Welle gegen die schlimmsten Auswüchse der politischen Verfehlungen aufzubauen. Manches, was ich selbst zum Teil schon vor einigen Jahren gefordert habe – zum Beispiel Aufnahmezentren mit Prüfung von Asylanträgen vor den Toren der EU – wird heute von politischen Stellen gefordert, die das noch vor wenigen Jahren brüsk und fundamental abgelehnt haben. Not schafft Einsicht, auch wenn es manchmal entschieden zu lange dauert. Und nein, das reicht bei weitem noch nicht, aber hier und da gibt es doch den einen der anderen Hoffnungsschimmer.

Eines bitte ich Sie zum Schluss immer im Hinterkopf zu haben: Erdacht und beschlossen wird all das, was unsere deutsche Regierung in Berlin dann gern in übereifrigem Gehorsam eskaliert, während andere Regierungen eher entschärfen, in Brüssel. Darum ist es eminent wichtig, im Europäischen Parlament am 9. Juni 2024 die derzeitige krass linke Mehrheit zu kippen. Darin liegt eine vitale Hoffnung für Deutschland. Und die Aussicht ist besser als je zuvor, denn der Bogen ist völlig überspannt, und immer mehr Menschen nehmen das wahr. Es ist wichtig, diesen Menschen im EP eine Stimme der elementaren bürgerlichen Vernunft zu geben. Das bemühe ich mich in dieser Wahlperiode durchgängig zu tun, und dieses Angebot möchte ich auch für die kommende Wahlperiode erneut unterbreiten.

 

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