Seite wählen

Wohnungsmarkt: Ampel heizt brutalen Verteilungskampf an

Dass Rentner häufig in zu großen Wohnungen leben, sei wohl keine böse Absicht. Das gesteht der Vertreter des Forschungsinstituts, das den „Mismatch im Wohnungsmarkt“ untersucht hat, unseren Rentnern freundlicherweise zu. Mismatch bedeutet, die einen wohnen in Wohnungen, die zu groß für ihren Bedarf sind, während andere in zu kleinen Wohnungen leben. Ist das nicht nett, dass den Rentnern nichts Böses unterstellt wird? So großzügig.

RENTNER AM PRANGER

Natürlich sind den Analysten des Wohnungsmarktes einige Gründe für die manchmal großen Wohnungen klar: Kinder erwachsen und weg, Ehepartner verstorben, alter günstiger Mietvertrag, ein Umzug wäre teurer. So wird es erklärt und so wird es auch in letzter Zeit gehäuft in Medien berichtet.  Dass dabei weitere Gründe wie Verwurzelung, emotionale Bindung an die Wohnung, liebgewonnene Gewohnheiten und Freundschaften selten erwähnt werden, hat wohl einen Grund. Und den ahnen Sie sicher, wenn ich Ihnen weitere Schlagzeilen zeige: „Rentner blockieren große Wohnungen“, „Junge Menschen finden keinen Platz“ und „Immo-Branche macht radikalen Vorschlag„. Lästige Rücksichtnahmen auf menschliche Besonderheiten vertragen sich nicht gut mit radikalen Lösungsvorschlägen, klar.

PERFIDE RAUSSCHMEISS-IDEE

Die Idee des Immobilieninstituts der Universität Regensburg geht so: Hat ein alter Mensch eine zu große Wohnung und eine zu günstige Miete, erhöht man einfach dessen Mietpreis deutlich, denn dann ist er gezwungen, in eine kleinere Wohnung umzuziehen. Wie perfide! Die zusätzlichen Mieteinnahmen sollen dann in einer Höhe, die vom Einkommen des Vermieters abhängt, als Soli an den Staat fließen, der damit an noch mehr Menschen Wohngeld verteilen kann.

Zwar ist das kein Beschluss, sondern `nur´ eine Idee, aber immerhin eine Idee von bezahlten Wissenschaftlern, und eine Idee, die medial ordentlich Raum bekommen hat. Ich will am Beispiel der Rentner exemplarisch etwas veranschaulichen: Der Verteilungskampf auf dem Wohnungsmarkt erreicht immer neue Höhepunkte, und da geht es nicht nur um nervige Sucherei, lange Wartezeiten, teure Mieten. Nein, das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage ist inzwischen schon so ausgeprägt, dass der Kampf um das existenzwichtige Gut Wohnraum auch menschlich immer brutaler zu werden droht.

Andere Experten übrigens mutmaßen, dass die erhöhten Energiepreise die Rentner zum Verlassen ihrer `zu großen´ Wohnungen bewegen könnten. Noch wird kein Rentner zwangsverpflanzt, der moralische Druck, Platz zu machen, erhöht sich aber massiv. Alte Menschen, die Wohnungskleber, wie können sie nur? Also spätestens, wenn man ihnen eben doch eine bezahlbare kleinere Wohnung anbietet, dann aber hopp hopp, raus. Immerhin haben 9 Prozent der über 70-Jährigen laut Studie `zu viel´ Wohnraum. Verzeihen Sie mir meine bittere Ironie, aber so kann man mit älteren Bürgern, die eine Lebensleistung vorzuweisen haben, die jeder eine ganz eigene lange Lebensgeschichte in sich tragen, nicht umgehen! Und – Gedankenspiel hin oder her – DASS überhaupt solche Ideen aufkommen, ist ein Symptom.

BRUTALER VERTEILUNGSKAMPF

Natürlich leiden auch sehr viele andere Menschen unter dem Wohnungsmangel. Quer durch die ganz normale Gesellschaft ist der Druck zu spüren – vom kleinsten Einkommen bis tief in die Mittelschicht hinein, weil die Preise durch den Mangel davongaloppieren. Erschwerend hinzu kommt zweierlei.

Zum einen kommen immer noch sehr viele Flüchtlinge ins Land. Für die Wohnungsfrage ist es dabei nicht einmal wichtig, ob es Menschen sind, die vorübergehend hierbleiben wollen, wie viele Ukrainer, oder ob es Menschen sind, die dauerhafte Bleibe suchen. Auch nicht, ob sie arbeiten oder nicht, gut integrierbar sind oder nicht. Sie alle müssen irgendwo wohnen, das ist ihnen auch nicht vorzuwerfen, das ist schlicht ein Faktum, und sie erhöhen so zwangsläufig den Druck auf den Wohnungsmarkt. 

Zum anderen: Der Mut und die finanziellen Möglichkeiten, sich selbst ein Haus zu bauen, haben sich durch verschiedene Faktoren erheblich verringert. Der anhaltende Rückgang von Baugenehmigungen belegt, dass viele Menschen, die früher den Wohnungsmarkt durch den Bau eines eigenen Hauses entlastet hätten, heute darauf verzichten. Diese Menschen gehören in der Regel nicht zu den Geringverdienern. Aber erhöhte Baupreise und vor allem eine unkalkulierbare finanzielle Zukunft, erzeugt durch Klimapolitik ohne jedes Augenmaß und ohne jede klare, längerfristige Planungssicherheit bietende Linie, lassen diese Leute Abstand vom Wagnis Neubau nehmen. Diese Menschen sind nun vermehrt die Konkurrenten im Wettkampf um eine bezahlbare Mietwohnung.

SOZIALE HÄRTEN – SOZIALE VERWERFUNGEN

Für die Mieten der Zukunft bedeutet all das düstere Aussichten. Hohe Preise ohnehin schon wegen der Angebotsknappheit, und dann müssen sich Mieter auch noch darauf einstellen, dass ihnen in der ergatterten Wohnung in Kürze eine Mieterhöhung ins Haus flattert, weil der Eigentümer seine Sanierungspflichten erfüllen muss und Teile der Kosten natürlich umlegt.

Jede Gesellschaft ist ein empfindliches Gebilde. Wird der Druck zu groß, entsteht Unruhe, Aggression und Frust brechen sich Bahn. Die Regierung wird deshalb das tun, was sie bereits im letzten Herbst tat: Sie wird mit Geldgaben die Gemüter zu beruhigen versuchen. Nur: Die Dimension der Hilfen wird diesmal eine vollkommen andere sein.  Erinnern Sie sich, was inzwischen alles versprochen wurde. Angeblich soll niemand über Gebühr belastet werden. Wer die horrenden Ausgaben für vorgeschriebene Investitionen oder laufende existenziell wichtige Kosten nicht stemmen kann, dem wurde Hilfe zugesagt.

Ich ahne, wie sich das dann faktisch gestalten wird. Für die, die wirklich gar nichts selbst bezahlen können, ändert sich wenig – wie auch, sie haben ja nichts. Die in der Mitte werden die ganze Chose bezahlen, sich gegebenenfalls verschulden müssen, jedenfalls dem größten Druck von allen ausgesetzt sein. All das für eine übers Knie gebrochene, unausgegorene, in weiten Teilen auf reine Träumerei gebaute Zukunftsvision, von der bereits mancher Prediger schon jetzt, wenn man ganz genau hinhört, vorsichtig zurückrudert. Leise vernimmt man schon Töne wie „Klar, wenn dieses oder jenes jetzt nicht ganz schnell passiert, dann wird das schwierig, aber das hab´ ich ja immer schon gesagt.“ Nachtigall, ick hör Dir trapsen.

Aber nein, wenn das Schadensausmaß dieses riesigen „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“-Gesellschaftsexperiments erst einmal auch dem Letzten deutlich geworden ist, dann endlich hat diese Regierung auch bei den ihr noch wohlgesonnenen Ampelwählern verspielt. Aber den von ihr angerichteten Schaden wird man lange, sehr lange spüren.

Das könnte Sie auch interessieren

In eigener Sache

Zu Beginn der kommenden Woche werden alle Parteien, die zur Neuwahl des Europäischen Parlaments (EP) antreten wollen, ihre...

mehr lesen