Verstaatlichung: Uniper ist nur der Anfang
98,5 Prozent des größten deutschen Gas-Importeurs Uniper werden bald dem Bund gehören. Was das absehbar (!) kosten wird, lässt sich mit etwa 16 Milliarden Euro beziffern. Wie teuer das aber letztlich wirklich für den Staat, sprich für uns alle, mittel- und langfristig wird, steht vollkommen in den Sternen. Hinzu kommt: Die Regierung beabsichtigt offenbar, sofern nötig – und es wird nötig werden – auch für andere systemrelevante Energielieferanten ähnliche Rettungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Gesamtkosten zur Stabilisierung der Energieversorgung sind de facto gar nicht seriös abschätzbar. Kolportiert werden 60 bis 100 Milliarden Euro, die angeblich in den Ampelköpfen spuken. Unsinn, sage ich. Es gibt so viele Unbekannte in dieser Rechnung, dass man solche Zahlen ebenso gut würfeln könnte.
Zwei Fragen, die sich im Grunde schnell beantworten lassen, werden nun rauf und runter debattiert. Erstens: Ist die Verstaatlichung richtig, gar unvermeidbar, wie manche meinen? Zweitens: Kann die Regierung unter diesen Umständen weiter an der Gasumlage festhalten? Ob im Bundestag, ob in Interviews oder in Polittalks – überall reden sich politische Akteure, politische Analysten und Interessenvertreter aller Art die Köpfe darüber heiß.
Richtig ist: Jetzt, wo man den Karren gründlich in den Dreck gefahren hat, führte tatsächlich kein Weg an der Rettung von Uniper vorbei. Das Unternehmen ist zu bedeutsam für unsere Versorgung. Die Zeitschiene ist hier wichtig. Vor Monaten noch wären andere Lösungen denkbar gewesen. Lösungen, mit denen allerdings die Dramatik der Lage transparenter geworden wäre. Mit anderen Worten unbequeme Lösungen, mit denen Politiker sich unbeliebt machen. Also pokert man noch eine Weile, wer weiß, vielleicht kommt ja von irgendwo ein Lichtlein her?
Nun, zuletzt jedenfalls, das mag aus meinem Mund verwunderlich klingen, war die Verstaatlichung in der Auswahl all der Übel wohl noch das geringere Übel. Eine zügige Umschaltung auf planwirtschaftliche Zuteilung von Energie hätte sonst gedroht. DASS wir überhaupt an diesen Punkt gekommen sind, ist anzuklagen. Man muss sich das einmal vorstellen: Eines der wirtschaftsstärksten Länder der Welt wurde energiepolitisch so heftig an die Wand gefahren, dass wir nun allen Ernstes in Kategorien von Verstaatlichung und staatlicher Zuteilung diskutieren müssen. Es ist im Grunde unfassbar.
Und was die Gasumlage betrifft, war die nicht dafür gedacht, notleidende Unternehmen zu stützen, damit sie eben nicht baden gehen? Dieses Risiko hat sich doch nun wohl für Uniper erledigt oder? Die Gasumlage sollte sich damit auch erledigt haben. So wäre es richtig, die Bundesregierung muss sich nun schleunigst von den Plänen, in denen sich Minister Habeck heillos verlaufen hat, verabschieden.
Eines sollte inzwischen auch dem Letzten klargeworden sein: Letztlich werden die Bürger und auch noch deren Kinder ohnehin sämtliche Rettungsaktionen, ob nun für Privatleute oder für Unternehmen, zahlen müssen UND die astronomischen Preissteigerungen noch obendrauf. Wenn die Gasumlage nicht erhoben wird, werden die Preise eben entsprechend höher. Der Bürger zahlt in jedem Fall.
Klar, rechtlich ist das nun delikat, das weiß auch Habeck. Aber, wie praktisch, ein Winkelzug ist in Sicht: Noch ist Uniper ja nicht staatlich. Die rechtlichen Prüfungen werden etwa drei Monate dauern. Na wunderbar. Dann rettet der Bürger jetzt halt noch ein paar Monate ein Unternehmen, das gar keine Rettung mehr braucht, weil es künftig staatlich ist, aber formal eben noch privat ist. Was soll´s, linke Tasche rechte Tasche, liebe Bürger, aus welcher Tasche sich der Staat Eure Euronen nimmt, die Taschen leeren sich so oder so.
Ein Drittes: Was nützt uns die staatliche Rettung der systemrelevanten Energieunternehmen eigentlich? Falls Sie gehofft haben, dass sich dadurch die Preise deutlich entspannen, muss ich Sie schwer enttäuschen. Was der Staat (also wir!) durch die Eingriffe teuer erkauft, ist tatsächlich vor allem relative Versorgungssicherheit, indem ein Zusammenbrechen der Versorgungsstruktur verhindert wird. Die Vervielfachung der Preise haben wir trotzdem noch vor uns. Der Markt ist und bleibt vorerst außer Rand und Band, wird sich allenfalls auf sehr hohem Niveau stabilisieren.
Mit heißer Nadel gestrickt, aus der Not geboren, das geringste Übel – das ist die Basis viel zu vieler Entscheidungen, die wir derzeit schlucken müssen. Aber eines sollte klar sein: Wer sich nun immer noch Traumtänzereien hingibt und uns die wenigen dringend benötigten Entlastungsmöglichkeiten des Marktes auf der Angebotsseite durch Bremserei bei der Kohleeinspeisung und durch eine vollkommen widersinnige, übrigens auch von anderen EU-Staaten als unsolidarisch empfundene Abschaltung von Kraftwerken vorenthalten will, verspielt jeden Respekt.
Wenn diese Krise überhaupt etwas Gutes in dem Sinne birgt, dass es unserem Land letztlich zugutekommen könnte, dann ist es die harte Konfrontation mit der Realität, die insbesondere die Grünen, aber auch viele andere, zu Korrekturen ihrer politischen Träumereien zwingt. „Auf dem Weg zu einer CO2-freien Energieversorgung für eine saubere Welt“, so stellt sich Uniper auf der eigenen Website vor. Klingt grün, ist es auch, aber für deutsche Grüne ist Kernkraft bekanntlich Teufelszeug und sie pfeifen auf die EU-Einschätzung, dass sie ein nützlicher Wegbegleiter bei der CO2-Reduktion ist. Uniper aber setzt bei der Dekarbonisierung und CO2-Reduktion auch, aber nicht nur auf klassisch grüne Energie. Das Unternehmen ist an einigen schwedischen Kernkraftwerken beteiligt. Herr Habeck kauft sich nun also quasi ins Kernkraftgeschäft ein. Willkommen in der Realität, Herr Minister!
Die Prognosen der Energiemarktexperten bereiten uns derzeit auf womöglich fünf Jahre der Krise vor. In fünf Jahren wird noch sehr viel Realität für Traum-Korrekturen sorgen. Und wer weiß, ob ein Wirtschaftsminister mit Kernkraftwerken im Staatseigentum am Ende vielleicht doch noch deren Wert für sein eigenes Anliegen sauberer Energie erkennt.
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