Geschäftsmodell Armut: Lebenselixier der Linken
Armut und Bedürftigkeit, das ist ihr Lebenselixier. Eine Gesellschaft ohne Arme und Bedürftige wäre zwar eine höchst wünschenswerte Gesellschaft, aber eben auch eine Gesellschaft, die keine linken Parteien mehr braucht. Darum werden linke Parteien niemals Konzepte befürworten, die zwar Armut tatsächlich erfolgreich bekämpfen, aber auch die Bedeutung des Staates als heilbringenden Fürsorger, an dessen Nadel man hängt, verkleinern.
Die Geschäftsmodelle der SPD, der Grünen und der SED-Nachfolgepartei Die Linke beruhen darauf, dass es stets genug Arme, als arm Definierte, Unterbezahlte und Unterbezahlt-Definierte gibt, die man dann vertreten kann. Überaus wichtig ist es aus Kümmerersicht, die Gruppe der zu beschützenden Menschen möglichst weit zu fassen und viele zu Bedürftigen zu erklären, als deren politischer Vertreter man sich dann erklären kann. Arme, die als Wähler nicht mehr so spannend sind, sind da natürlich nicht so wichtig.
FALSCHE DIAGNOSEN FALSCHE THERAPIE
Dann wird Armut halt sehr weit und großzügig definiert, na und, das macht doch nichts? Doch, es macht etwas, die schlimmste Not nicht mehr als solche zu erkennen, aus Eigeninteresse alles in einen Topf zu werfen, statt korrekt zu gewichten. Das birgt große Gefahren, denn falsche Diagnosen verhindern natürlich auch die richtige Therapie. Falsche Lösungsideen mögen natürlich taugen, um sich den politisch Ahnungslosen als Kümmererparteien anzubieten.
Ich höre es förmlich schon: Ach, der Meuthen wieder, der will bestimmt den Armen gar nicht helfen, der ist – das übliche Klischee aller Linken – eh ein böser Neoliberaler. Das exakte Gegenteil ist der Fall. Es geht um zielgerichtete, effiziente Sozialpolitik. Wir müssen den wirklich Bedürftigen besser helfen und ein wirtschaftliches Fundament bewahren, das auch zu dauerhafter Hilfe für die wirklich Bedürftigen imstande ist. Darum ist es so wichtig, genau hinzuschauen.
Was sagen Sie zu der folgenden Reaktion auf unsere Wahrnehmung und unsere Debatten beim Thema Armut?
„Der Niedergangsdiskurs führt in die Irre. Positive Fakten werden ignoriert und zielgerichtete Reformen erschwert.“ Weiter beklagt der Autor, dass Studien leider dann besonders stark wahrgenommen werden, „wenn sie im Sinne einer weiteren Verschlechterung der sozialen Lage interpretiert werden können.“ Und er weist auf positive Entwicklungen hin, die andere Studien benennen, die aber kaum wahrgenommen werden: Die Ungleichheit der Löhne sei gesunken, die realen Stundenlöhne seit 2013 stark gestiegen, von 1995 bis 2020 um insgesamt mehr als 10 Prozent, bei Vollzeitbeschäftigten sogar um 22 Prozent, der Niedriglohnsektor sei rückläufig.
Na, von welchem fürchterlichen Verächter aller Armen mögen diese Hinweise wohl stammen? Sie stammen, halten Sie sich fest, von Georg Cremer, der von 2000 bis 2017 Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes war. Und er warnt, dass eine falsche Wahrnehmung denen nicht hilft, die am unteren Rand der Gesellschaft in einer lang anhaltenden Krise auf mehr Solidarität angewiesen sind.
MISSBRAUCH VON ARMUT
Recht hat er. Und schauen wir uns die aktuellen Ausschlachtungsfeste zum jüngst erschienen WSI-Verteilungsbericht – immerhin nennen sie es nicht Armutsbericht – an. Kaum war er erschienen, folgte der erwartbare wählermobilisierende Alarmismus prompt. (Wichtig zu wissen übrigens: Das WSI ist ein Institut des DGB.) Die Quote der sehr armen Menschen sei zwischen 2010 und 2019 um gut 40 Prozent gestiegen, die Ungleichheit der Einkommen habe 2019 einen neuen Höchststand erreicht. Das will nicht so recht zu den kurz zuvor erwähnten positiven Nachrichten über die Situation in Deutschland passen, nicht wahr? Ist die Ungleichheit der Löhne nun gesunken oder gestiegen? Interessant noch die vorgeschlagenen Lösungsansätze. An erster Stelle der wissenschaftlichen Erkenntnisse des Gewerkschaftsinstituts stehen dann auch gleich, na sowas, gewerkschaftliche Forderungen. Das hat ein Geschmäckle, oder?
VOR ARMUT SCHÜTZEN STATT ARMUTSLOBBY STÄRKEN
Um das sehr deutlich zu sagen: Armut gibt es tatsächlich in Deutschland, leider auch vollkommen unverschuldete Armut. Das ist nicht einfach hinzunehmen. Das muss, wo immer es möglich ist, geändert werden. Was aber leider oft missbräuchlich gemacht wird, ist Etikettenschwindel.
Je nach Interessenlage wird da munter auf Differenzierung verzichtet. Ein Auszubildender oder ein Student mit einem niedrigen Einkommen ist nicht arm, solange sein täglicher Bedarf gedeckt ist, er jedoch sparsam leben muss. So ist das nun einmal in der Ausbildung. Ist Jahre nach Abschluss der Ausbildung keinerlei Verbesserung eingetreten, sieht die Sache anders aus. Je nach Interessenlage werden außerdem munter Niedrigeinkommen, Armutsrisiko und Armut in einen Topf geworfen.
Wo dagegen wirkliche Not ist, muss akut geholfen werden. Wo perspektivisch Not leicht entstehen könnte, muss ebenfalls unterstützt werden, aber eher durch zielgenaue Angebote, die die Perspektive verbessern. Wenn wir stattdessen immer mehr Menschen von Sozialtöpfen abhängig machen, dann ist das das genaue Gegenteil nachhaltiger Hilfe.
DIE REGIERUNG VERWEIGERT DEN EFFEKTIVSTEN SCHUTZ
Können Sie mir beispielsweise das erklären? Seit mehr als zwei Jahrzehnten entsprechen die Bildungsausgaben lediglich sechs bis sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die aktuelle Regierung sieht offenbar keinen Änderungsbedarf, denn sie bleibt in diesem Rahmen. Viele von Ihnen werden selbst Kinder haben oder haben Einblick in Familien mit Kindern. Daher wissen Sie, wie es an deutschen Schulen zugeht. Extrem viel zu wenige Lehrer, weniger Lehramtsabsolventen als vor 10 Jahren sogar, extrem zu viele Reparatur-Anforderungen an diese wenigen Lehrer, frei nach dem Motto „Gleicht gefälligst gesellschaftliche Fehlentwicklungen aus“ und und und. Die Missstände an deutschen Schulen – gerade auch im Vergleich zu etlichen anderen Staaten – zu beschreiben, würde hier zu weit führen, das ist ein eigenes ganz wichtiges Thema.
Das Ergebnis jedenfalls ist so, dass hier tatsächlich Alarm angesagt ist, und zwar schon lange, und wie wir seit einiger Zeit wissen, beginnt das bereits in den Grundschulen. Laut Bildungsbericht 2022 hat Deutschland die bildungspolitischen Ziele der vergangenen Jahre vollkommen verfehlt. Weniger Kompetenzen, mehr Bildungsungerechtigkeit. Es ist doch absehbar, dass hier neues Armutspotential heranwächst. Die Regierung schaut zu, züchtet mit Tatenlosigkeit geradezu neue Bedürftige heran, verkauft sich aber als Retter vor größter Not. Hier werden politische Prioritäten vollkommen falsch gesetzt, mit immer fataleren Folgen.
DIE REGIERUNG PICKT SICH WUNSCHBEDÜRFTIGE HERAUS
Es ist geradezu beschämend, wie bei uns mit der Bildung von Kindern umgegangen wird. Gerade in den Diskussionen rund ums Bürgergeld und seinen ursprünglich geplanten Ausuferungen bei Schonvermögen wurde ein weiteres krasses Missverhältnis deutlich: Wer beschützt eigentlich in einer immer stärker vereinzelten Gesellschaft, in der frühere Familienverbünde immer weiter erodieren (auch dies ein Resultat linker Gesellschaftspolitik, der intakte Familienverbünde geradezu ein Dorn im Auge zu sein scheinen), die Alten, die pflegebedürftig werden, vor dem Absturz ins Bodenlose? Daran, wie eine Gesellschaft mit ihren Kindern und wie sie mit ihren Alten umgeht, kann man viel ablesen. Und wenn ich die Prioritäten unserer Regierung sehe, dann sehe ich genau da keine Sorge, sondern parteiinteressen-geleiteten Scheinschutz vor Armut.
Das ist ein so enorm wichtiger Grundsatz der Sozialen Marktwirtschaft: Eine gute Sozialpolitik ist immer eine subsidiäre, die erst dort eingreift, wo die Selbsthilfe und wo familiäre Solidarität aus welchen Gründen auch immer nicht zu helfen imstande waren. Eine kluge und anständige Politik der Armutsbekämpfung besteht also keinesfalls aus dem staatlichen Bürgergeld-Füllhorn, wie es nun in Ablösung des Arbeitslosengeldes II (im Volksmund Hartz IV) zum neuen Jahr kommen wird. Eine kluge Sozialpolitik setzt auf Selbsthilfe, Ertüchtigung des Einzelnen, auf wirksame und vorausschauende Bildungspolitik (unsere wichtigste und fast einzige Ressource), auf Stärkung von gesellschaftlichen Kleinverbänden, vor allem also von Familien, auch auf die Unterstützung von Vereinen als Verbünde, die Millionen Menschen sozialen Halt geben können. DAS ist die Grundlage echter Sozialpolitik, und erst wo die dann dennoch nicht wirkt, da kommen dann direkte staatliche Stützungsmaßnahmen ins Spiel.
Eigentlich nicht wirklich schwer zu verstehen. Ärgerlich nur, dass die versammelten Linken davon nichts wissen wollen, machte es doch ihr „Geschäftsmodell“ weitgehend entbehrlich, das auf möglichst vielen direkt Bedürftigen (oder als solche Deklarierten) aufbaut. Weswegen sie genau das gar nicht wollen. Der Mensch in Abhängigkeit von staatlichen Unterstützungsleistungen ist dann doch leichter steuerbar und den guten vorgeblichen Sozialpolitikern zu stetem Dank verpflichtet.
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